Für Lesefaule: Verrückte Woche mit Geburtstagsüberraschungen, wenig Schlaf, der Erkenntnis: Kein Alkohol ist auch keine Lösung und einem fertigen Stundenplan, der viel Arbeit bedeutet.
Während der Orientierungswoche haben alle Sprecher augenzwinkernd Anmerkungen darüber gemacht, wie wenig Grad Students schlafen dürfen, wenn sie Arbeitspensum, Party und sonstiges Engagement unter einen Hut packen wollen. Ehrlich gesagt habe ich das ein bisschen für “Laber-Rhababer” und Angstmach-Taktik gehalten. AAAAAAABEEEER: Weit gefehlt!
Bevor ich mehr über meinen Stundenplan berichte: Vielen Dank für die lieben Geburtstagswünsche! Ich habe mich sehr gefreut. Am Sonntag wurde ich pünktlich um 24.00Uhr von meinen Mitbewohnern mit einem Dänischen Schokokuchen und Gesang geweckt und den gesamten Montag durfte ich erleben, dass Geburtstagskind sein in Amerika doch etwas Besonderes ist: essen, was man will; lieber Mittagsschläfchen als lesen und alle versichern: “It´s your birthday! Do what you want!” Abends war ich mit einer kleinen Gruppe in Sommerville in “Trina´s Starlite Lounge” essen. Die Restaurant-Bar wird seit Jahren für ihr “Fright Chicken” ausgezeichnet. Ich weiß jetzt nicht, ob das Summer Ale-Bier und der Sambucca meinen Geschmackssinn verwirrt haben, aber ich muss sagen: Gewürzte Waffeln, frittiertes Hähnchen und Chillisirup sind ungewöhnlich und ganz lecker.
Bis Mittwochnacht habe ich mich mit meiner Kurswahl rumgequält. Warum? Ja, warum eigentlich? Weil ich keinen Fehler machen will; weil ich mich weiterentwickeln will in den Bereichen, in denen ich schon Expertise besitze und gleichzeitig Neues lernen will. Und das Kursangebot ist überragend! An der Fletcher School lehren so viele “Legenden”, an der Harvard Kennedy School lehrt mein absoluter Politikliebling, Joseph Nye, und wer mich kennt, weiß: Ich habe, positiv oder in Beraterdeutsch ausgedrückt, Potenzial nach oben, wenn es um Entscheidungsfreudigkeit geht…;-)
Die Wahl fiel auf: (*Trommelwirbel*)
- Introduction to Economics
Einführung in Ökonomie und Mikroökonomie mit dem superwitzigen Carsten Kowalczyk, der uns sehr anschaulich das Prinzip von Utility in der Ökonomie anhand dem 5-jährigen Bob erklärt, der sich nach 74 M&M´s und 13 Flaschen Cola übergeben muss. Er ist der Meinung, dass Politikwissenschaftler die Welt aus dem falschen, dem Werte-überladenen Blickwinkel, betrachten; in seinem Kurs sitzen ausschließlich Sozialwissenschaftler und Historiker 🙂
- International Communication (mit Doppelharvard-Ökonomin Carolyn Gideon)
Carolyn Gideon ist ein Energiebündel mit Leidenschaft für Public Policy, Kommunikation und Handel – kein Wunder, dass ich sie mag :-). Als ich mit ihr am Mittwoch sprach, hat sie meinen kompletten Stundenplan umgeändert und mir gesagt, dass ich unbedingt in ihren Kommunikationskurs gehöre. Eine gute Entscheidung, weil Kommunikation endlich mal aus einem strategischen Blickwinkel betrachtet wird.
- Maritime History (mit John Curtis Perry (Yale und Harvard-Absolvent und Experte für Handel in Südostasien)
Professor Perry, Jahrgang 1930, hat mich fast umarmt, als ich ihn fragte, ob ich seinen Kurs belegen darf. Es sei ihm eine Ehre. Jeden Montag gibts nach dem Seminar Luncheon: Er will mit uns über aktuelle politische Themen diskutieren, weil: “Ich will doch auch etwas von meinen Studenten lernen.”
- Role of Force (mit Security Studies Professor Richard Shultz)
Professor Shultz ist in der ganzen Schule bekannt für ein Lesepensum, was ein Student allein kaum bewältigen kann – seiner Meinung nach fördert das Gruppenarbeit, weil jeder auf jeden angewiesen ist. Für diese Woche standen neben einem kompletten Buch zehn wissenschaftliche Artikel auf der Liste. Er ist durch und durch Republikaner, für die Politikwissenschaftler unter Euch: Er ist Realist ;-(, kommt jeden Morgen gegen 5.00Uhr in die Uni und seinen Kurs hat er auf 07.45Uhr gelegt: Da ist er ja schon vier Stunden wach. Seine zahlreichen Versuche, uns schon für 07.15Uhr einzubestellen, weil das Thema so interessant und ausgiebig sei, haben selbst die Soldaten abgelehnt.
Wie Ihr wahrscheinlich den Kurzerläuterungen entnommen habt, alle Professoren haben offene Türen – und das fast ständig! Sie behandeln uns mit Respekt und legen Wert auf akademische Zusammenarbeit. Wer in Deutschland studiert, weiß: Das System ist anders (nett ausgedrückt). Ich freue mich auf meine akademische Zeit hier!
Auf meine Freizeit natürlich auch:-). Blakeley Hall fühlt sich an wie konstante Klassenfahrtsstimmung: Immer laut, immer Party, immer ein bisschen schmuddelig – meine Meinung dazu schwankt je nach Laune. Nächste Woche kommen Mc Kinsey und BCG, um mit Deutschen Studenten zu sprechen, sie eventuell zu rekrutieren, vorgestern hat Joseph Nye mit einem Rechtsprofessor öffentlich darüber diskutiert, ob die USA Syrien angreifen sollten und zu diesem Thema haben vier unserer Professoren letzte Woche verschiedene Artikel in der New York Times veröffentlicht.
Vom Getränkeunfall bis zur politischen Debatte gibts hier alles – die Mischung ist hervorragend, aber auch Schlaf-unzuträglich. Und dabei habe ich Euch noch nicht vom Sportzentrum, den Student Clubs und den ganzen Dingen in Boston erzählt…Für alle, die sich geärgert/gewundert haben, dass ich mich nicht ausführlich melde: Ich hoffe, ich habe eine Erklärung geliefert:-). Ich freue mich über Gedanken, Kommentare, Tipps!
English Summary: Sometimes I cannot find the time to write bilingually :-(. The most important thing is: I finalized my schedule for Fall: Intro to Economics, International Communication, Role of Force and Maritime History. It was a balanced choice out of “What I need to learn”, “What I am passionate about” and “What I need for my career.” I appreciate the professors´ attitude towards the students – much more respectful and open than in German academic institutions. I really look forward to my academic journey here at The Fletcher School!
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