Das digitale Zeitalter fordert alle Organisationen heraus: Wie soll man den ganzen Wust an Daten verwalten, den man täglich produziert? Wie kann man über geografische Grenzen erfolgreich zusammenarbeiten, wie das gemeinsam erschaffene Wissen speichern und schnell abrufen? Diese Frage betrifft jeden irgendwann: Nach langen Urlauben kehren Familien mit Gigabyte an Bildern, Adressen und Dokumenten zurück; globale Firmen wollen vermeiden, dass in Bangalore und Berlin zwei Personen an derselben Aufgabe arbeiten und wenn ein Mitarbeiter geht, sollte sein Wissen nicht mit ihm gehen.
Ich habe mich bei ZEISS, bei der Jugendpresse und schließlich auch persönlich (wie soll ich zu Euch allen Kontakt halten) ausgiebig mit diesen Herausforderungen beschäftigt; es gibt unzählige Beratungen, die sich auf die bessere Mitarbeit, Collaboration in Beraterdeutsch, spezialisiert haben und ich gehe davon aus, dass hier momentan ein riesiger Markt für kreative Lösungen entsteht. Und doch entdecke ich an der Fletcher School gerade, was wir oft vergessen: Es kommt nicht auf die technische Lösung an, es kommt auf die Menschen an, die sie nutzen.
Ladies and Gentleman (an alle Zeissianer, vor allem in Jena, bitte nicht lachen), I present to you: The Social List. Die Social List ist ein Emailverteiler. Einer, der funktioniert, wie ich es noch nie erlebt habe.
- Jeder Fletcher-Student kann sich in diesen Verteiler aufnehmen lassen, jeder kann an die Social List Emails schreiben.
- Es gibt keine Moderation, außer selbst regulierende und die ist sehr stark.
- Über die Social List werden Bücher, Einrichtungsgegenstände, Tickets verkauft. Sie ist ein florierender Marktplatz.
- Über die Social List werden alle Veranstaltungen, offizielle von Fletcher, wie auch von allen möglichen anderen Einrichtungen angekündigt.
- Man kann die Social List alles fragen, von Hotelempfehlungen über Frisörerfahrungen.
- Man kann sich fast alles in der Social List Community ausleihen: Reisequippment, Couchsurf-Freunde, Sojasauce
- Man kann, auch politisch völlig inkorrekte, Witze machen über die Social List.
- Die Social List enthält Einladungen zu allen möglichen Parties sowie aktuelle “Füllstände” und Entwarnungen, falls die Polizei mal wieder gegen 22.00 das Haus geräumt hat (jaaaa, das kommt oft vor im Land der unbegrenzten Möglichkeiten)
- Über die Social List werden Unierfahrungen ausgetauscht.
Ich könnte diese Liste fortführen. Ich hoffe, Ihr habt alle eine ungefähre Vorstellung. Kurz gesagt: Für die Fletcher School funktioniert die Social List. Alle fühlen sich informiert. Ist jemand nicht informiert, dann weiß er, wo er sich informieren kann. No Social List, Pech gehabt.
Ich habe in den letzten Tagen oft darüber nachgedacht, warum die Social List funktioniert und ich denke, ich weiß, warum:
- Sie ist das etablierte Kommunikationsmedium zwischen Fletcher Studenten.
- Sie ist da einzige Medium, was in diesem Maße mit Informationen bespielt wird.
- Sie wird von allen Beteiligten genutzt. Auch wenn die 100 Emails pro Tag nicht gerade einfach zu verwalten sind, man lernt erstaunlich schnell, gute Betreffs zu formulieren bzw. Betreffs gut zu scannen.
- Sie gibt den Nutzern einen Vertrauensvorschuss.
Das Einfache liegt manchmal so nah…ich breche hier keine Lanze für mehr Emails; im Gegenteil, es gibt weitaus bessere Möglichkeiten zur Zusammenarbeit und die Email ist hoffentlich bald Schnee von gestern. Ich schreibe diesen Post aus Nutzersicht und muss sagen: Auch wenn mir das Tool nicht gefällt, ich habe mich nach einer Woche daran gewöhnt, weil alle es benutzen, weil es keine Alternative gibt und weil es funktioniert (das heißt, dass ich informiert bin). Wenn ich auf meine eigenen (eher suboptimaleren :-)) Erfahrungen zurückschaue, stelle ich fest, dass mindestens eins der vier Kriterien, die ich für den Erfolg der Social List identifiziert habe, nicht vorhanden waren; Meist die Inakzeptanz des Tools seitens der prädestinierten Nutzer.
Ich bin gespannt auf Eure Gedanken und hinterlasse einen hustenden, schnupfenden Gruß. Der New-England-Herbst, heute heiß, morgen kalt, Schlafentzug, Klimaanlagen und vielleicht auch ein klein bisschen der Anfangsstress haben mich in Bazillenmonster verwandelt. Naja, kein Sport heißt mehr Zeit zum Schreiben 😉
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